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Fortsetzung Sonntag, der 11. Mai 2014 Die Ursache der zunehmenden Vermögenskonzentration ist die zunehmende Entartung des Staates zu einer Staatsklassenherrschaft. Eine Staatsklassenherrschaft entsteht in dem Maß, in dem die Staatsklasse aufhört, aus einem demokratischen Prozess heraus rekrutiert zu werden. Die "Emanzipation" der Staatsklasse vom demokratischen Prozess geschieht durch Verschwörung mit den ursprünglich rechtmäßig, d.h. durch echten Markterfolg, zu Vermögen Gekommenen. Der Deal ist: Die Staatsklasse hilft den Vermögenden mit den staatlichen Gewaltmitteln, ihr Vermögen zu sichern und zu mehren; die Vermögenden helfen der Staatsklasse mit wirtschaftlichen und finanziellen Mittel ihre Macht und ihren Wohlstand zu sichern und zu mehren. Konkret findet die Staat-Kapital-Verschwörung auf der ganzen Bandbreite der staatlichen Eingriffsmöglichkeiten in das marktwirtschaftliche Geschehen statt, also über die Einnahme- und Ausgabeseite von "Steuern" (Zwangs-abgaben jeder Art an den Staat) und Staatsschulden (freiwillige Kredite an den Staat, die besonderen staatlichen Schutz genießen), sowie über die Regulierung des Wirtschaftsgeschehens. Am längeren Hebel sitzt bei der Verschwörung immer der Staat; er verteilt seine Gunst nach dem Kriterium von Staatsfreundlichkeit und Staatsnützlichkeit der Wirtschaftssubjekte. Bei den Einnahmen gilt der Grundsatz: die Vermögenden geben dem Staat unrechtmäßig weniger als die Nicht-Vermögenden (etwa: Steuern auf Kapital, Erbschaft und aufsteigende Wirtschaftszweige geringer als auf Arbeit); bei den Ausgaben (Zinsen, Transferzahlungen, Subventionen, Staatsaufträge) gilt der umgekehrte Grundsatz: die Habenden und die Aufsteigenden bekommen unrechtmäßig mehr als die Habenichtse und die Loser. Die Loser, die so groß und systemrelevant sind, daß ihre Pleite die Staatsherrschaft in unmittelbare existenzielle Gefahr bringen würde, stehen in diesem Prozess allerdings ganz oben auf der Empfängerliste. Letztverantwortlich für die zunehmende Vermögenskonzentration bzw. die zunehmende (relative) Verarmung der Breite der Bevölkerung ist die Staatsklasse. Ihr Klassenkampfvorteil ist die Kommandogewalt über die Polizei, also das sogenannte staatliche Gewaltmonopol. Nur eine demokratisch rekrutierte Staatsklasse hat ein legitimes Gewaltmonopol. Die Staatsklasse der Bundesrepublik Deutschland beispiels-weise hat kein legitimes Gewaltmonopol, da sie eine Selektion des undemokratischen Parteienstaatsystems ist. Im allgemeinen Interesse liegen würde im übrigen ein Vergleich der Anteile am Gesamtvermögen, die auf die Staatsklasse einerseits und die Angehörigen der produktiven Branchen der Gesellschaft andererseits entfallen. Montag, der 12. Mai 2014 Anfang Längeres Zitat ... Eine der wirkmächtigsten Legenden, die schon lange über Europa erzählt wird, behauptet, die Idee der europäischen Einigung sei 1945 - vorbereitet in den Jahren davor von italienischen Antifaschisten - wie eine Erlösungsformel über die Völker des vom Krieg zerstörten Kontinents gekommen. Dass aber auch die Nazis Europäer gewesen sein sollen, das auszuplaudern ist bis heute verboten: Dass nämlich Europa zu einer „Leitvokabel“ ([der Freiburger Historiker] Ulrich Herbert) der Nazis werden konnte, darf in den friedlichen Gründungsgeschichten der EU nicht vorkommen, in den Festschriften und Wahlplakaten dieser Tage vor der Europawahl schon gar nicht. Es würde die ganze schöne Legitimationsgeschichte Europas verschmutzen. Die Europavision der Nazis taugt nicht zum Material für Karlspreisreden. Zu leicht macht es sich, wer die Europa-Idee der Nationalsozialisten einer bösen „antiliberalen“ Tradition zuordnen würde, um sie dem „guten“ liberalen Europa der Antifaschisten entgegenzustellen. Dazu sind die Vorstellungen auch nach 1945 insgesamt viel zu widersprüchlich: Der Gedanke einer Einheit Europas birgt konservative, sozialistische, korporatistische, also allesamt eher anti-liberale Denkbruchstücke in sich ... Man wird viel eher von Kontinuität als von Diskontinuität der Europaidee vor und nach 1945 sprechen müssen. Sie ist politisch ziemlich unempfindlich und ideologisch robuster als die Guteuropäer heute es gerne hätten. Wichtiger als die Integration nach innen war stets die Formierung nach außen. Ein einzelner kleiner Nationalstaat sei schließlich schwerlich in der Lage, den politischen und ökonomischen Mächten in Russland oder Amerika Paroli zu bieten, heißt es stereotyp. Nur ein geschlossenes Europa sei dafür gerüstet. Dieser Reflex ist bis heute lebendig ... Europa als Bollwerk –, das ist ein geläufiger Topos. Nazideutschland gebärdete sich, spätestens seit 1940, pro-europäisch. Neben dem Hauptfeind „Bolschewismus“ im Osten fungiert schon damals der Kapitalismus Amerikas als Gegner im Westen. Nur ein geschlossenes Europa sei einer solchen Zwei-Fronten-Auseinandersetzung gewachsen ... „Von Antieuropa kann jedenfalls bei diesen Protagonisten [politische Europa-Theoretiker des Dritten Reichs; HJG] kaum die Rede sein; die Montanunion hatte eine korporative Vorgeschichte, die das Dritte Reich einschloss“ sagt der Historiker Thomas Sandkühler. Die Nazis entwickelten Ideen für eine künftige Europabank mit Sitz in Wien, die in vielem der EZB von heute ähnelte, wenn schon damals daran gedacht war, dass die Bank auch ermächtigt sein würde, überschuldeten Mitgliedsstaaten Kredite zu gewähren. Minister Funk [Walther Funk, in Personalunion Reichswirtschaftsminister und Reichsbankpräsident] machte zugleich differenzierte Pläne für ein multilaterales „Clearingsystem“ auf Reichsmarkbasis, das die Zahlungsbilanzen der europäischen Länder intern ausgleichen und es erlauben sollte, auf direkten Geldverkehr zu verzichten. Der Historiker Sandkühler bemerkt, dass diese ambitionierten Pläne Funks, die dieser im Kern bereits 1940 in einer Rede zur „Wirtschaftlichen Neuordnung Europas“ entworfen hat, weit über das Kriegsende hinausweisen und zumindest gedanklich die heutige Gemeinschaftswährung vorweg nahmen. Es wird Zeit, dass wir damit aufhören, die europäische Einigung und die weitere Zentralisierung der EU ausschließlich als historisches Lernprogramm und Konsequenz aus den Erfahrungen des Nationalsozialismus zu begründen. Nicht Diskontinuität, sondern unaufgeklärte Kontinuität zeichnete das europäische Denken nach 1945 aus ... ... Kein Wunder, dass die Europa-Idee nach 1945 bei den Deutschen so rasch und problemlos Akzeptanz finden konnte. Hier mussten sie wenig umdenken und schon gar nicht umerzogen werden. Kein Wunder, dass die Deutschen sich immer als besonders glühende Europäer gebärdeten. Es war nicht nur die Kompensation ihres schlechten Gewissens, es war zugleich Ausdruck einer Kontinuität von Integrationszielen, gewiss mit anderen Vorzeichen. Solche Kontinuitäten der europäischen Idee vor und nach 1945 nehmen der heutigen Europadebatte ihre Unschuld. Sie kratzen an dem Bild der Europäischen Einigung als Friedensprojekt, wird doch deutlich, dass mehr als die Pazifierung nach innen der Zusammenschluss von Anfang an auf einen gemeinsamen Gegner von außen zielte – die Russen und die Amerikaner. Dieser Reflex hat sich bis heute gehalten. Noch viel wichtiger aber ist, dass einem Missverständnis aufsitzt, wer behauptet, die Lehre der Europäischen Einigungsbewegung sei es, den Nationalismus aufzugeben und den Nationalstaat zu überwinden ... ... die irrige Annahme, der Nationalsozialismus sei ein Nationalismus gewesen, weshalb der Nationalstaat böse sei und vor allem von den Deutschen überwunden werden müsse. Doch wer gegen die Nation ist und befindet, die Völker Europas müssten im Interesse ihrer Einigung sich transnationalisieren und Souveränität abgeben, sollte sich zur Begründung besser nicht auf den „bösen Nationalismus“ der Nazis berufen. Es gab ihn nämlich gar nicht. Gerade die Nazis polemisierten ... gegen kleinlichen Nationalismus, an dem man nicht ersticken wolle ... ... Es sind immer vor allem französische Intellektuelle, welche die Deutschen warnen: „Wir sind nicht so begierig darauf, uns von den Deutschen sagen zu lassen, wir sollten unsere Souveränität verlieren“, sagt Emmanuel Todd, ein französischer Historiker. Todd spürt sehr genau den hegemonialen Unterton, der sich hinter der unschuldig vorgetragenen Bescheidungsgeste („Abgabe von Souveränität“) verbirgt. „Die deutsche Dominanz über Europa dauert an“, heißt der Vorwurf Todds in einem Anfang des Jahres im amerikanischen Magazin „Harper’s“ erschienenen bemerkenswerten Beitrag zum Thema „Wie die Deutschen Europa zurück eroberten“. Wir Deutschen finden das grob ungerecht. Da wären wir bereit, aus der Nazizeit zu lernen, unsere Souveränität aufzugeben und dem veralteten Nationalismus abzuschwören. Aber die hellhörigen Nachbarn spüren heraus, dass die Deutschen unter der Maske der guten Europäer abermals ihren alten Eroberungsgelüsten frönen. Seid vorsichtig, wenn die Deutschen Europa zusammen führen wollen, so Todd ... Die Klagen der Europäer von Griechenland über Italien, Spanien, Portugal bis nach Frankreich seit Beginn der Eurokrise sprechen eine deutliche Sprache: Die Nachbarn sehen sich einem deutschen Erziehungsdiktat zur Austerität unterworfen. Europa pfeift darauf, dass die Deutschen ihnen das Opfer der Souveränitätsabgabe machen. „Die Nation ist nicht schlecht“, sagt Todd: „Die Nation ist der Ort der Demokratie und der Ort der Entscheidungen“. Ende Längeres Zitat Die EU zu verstehen als Projekt einer Zwei-Fronten-Selbstbe-hauptung gegen Amerika auf der einen und Rußland auf der anderen Seite wäre eine irreführende Diagnose. Die freiheitliebende Menschheit muß ihr Augenmerk auf die Annäherungs-bestrebungen zwischen EU und Rußland richten. Ungeachtet vorübergehender Differenzen, wie solche über die russische Aggression gegen die Ukraine oder die (schicksalschwere) Haltung zum Homosexuellen-Milieu, verfolgen die Staatsklassen der EU und Russlands das gemeinsame strategische Ziel der Schaffung eines sozialdemokratischen - nennen wir es - EUrasien. Die wahre Zukunftssorge ist die Entstehung einer europäisch-asiatischen sozialdemokratischen Atommacht als Herausforderung gegen die Freiheit im Ost-West-Gegensatz des 21. Jahrhunderts. Wir müssen verstehen, daß der Sozialdemokratismus die Totalitarismus-Konserve der Scheindemokratie ist, der Scheindemokratie wie sie etwa in Form des Parteienstaatsystems der BRD vorliegt. Ein totalitäres Paneuropa mit Atombombe, entstanden auf dem Weg über ein sozialdemokratisches EUrasien, wäre für die Welt eine größere Gefahr als es die Sowjetunion war. Das sozialdemokratische Europa von heute versteht sich nicht mehr als Bollwerk nach Osten, und das heutige Rußland will nicht die nationale, russisch-ethnische Isolation. Die Interessengemeinschaft zwischen EU und Rußland liegt im gemeinsamen Feind - Amerika und die Freiheit. Die aktuellen Schwierigkeiten zwischen EU und Rußland sind nicht ideologischer, sondern psychologischer Art. Das Problem ist, Putin will bei der Schaffung EUrasiens als Partner mitwirken, nicht als Inklusions-Objekt der EU. Das ist es, was Putin will. Es wird ja immer herumgerätselt, was Putin mit seinem Ukraine-Krisenmanöver eigentlich will, was er mit der Destabilisierung und Destruktion der Ukraine eigentlich letztlich beabsichtigt. Nichts weiter - er will sich nur Respekt verschaffen, er will ernst genommen werden, er will die von Sozialdemokraten so heißbegehrte "Augenhöhe". Die hat er sich im Verhältnis zur EU mit seinem Ukraine-Schachzug nun auch erworben: die EU hat jetzt begriffen, sie können mit Putin nicht alles machen. Putin hat sozusagen den Nachweis seiner Partner-Qualitäten geliefert. Er ist die Ukraine-Sache genuin sozialdemokratisch angegangen, und er führt sie genuin sozialdemokratisch fort: hinterhältig, mit gezinkten Karten, voller Verachtung für irgendwelche Regelhaftigkeit, voller Verachtung für irgendwelche Glaubwürdigkeit. So wie es in der EU üblich ist, Politik zu machen. Das sozialdemokratische Europa ist kein Abschottungsprojekt, es ist ein Erweiterungsprojekt. Vor Rußland macht die Erweiterung mit Sicherheit nicht Halt. Donnerstag, der 15. Mai 2014 mit - Schreiben Deutsche Rentenversicherung betreffend "Rentenanpassung zum 01.07.2013" - Gebührenbescheid für die Benutzung der Unterkunft vom 01.06.2012 - Kontoauszug vom 08. Mai 2014 als Anlagen. Freitag, der 16. Mai 2014 Anfang Längeres Zitat Illarionow [Andrei Illarionow, Putins wirtschaftspolitischer Berater von 2000 bis 2005] warnte [auf der Globsec-Sicherheitskonferenz in der slowakischen Hauptstadt Preßburg (Bratislava)] davor, Putins Absichten zu unterschätzen. Es gehe nicht um eine Krise in der Ukraine, sondern um „einen russisch-ukrainischen Krieg“, der wiederum nur ein Kapitel eines viel größeren Konfliktes sei. Putins Strategie bestehe darin, „den Westen in einen kontinentalen und einen angelsächsischen Teil zu spalten – Russland und Kontinentaleuropa auf der einen Seite, die Vereinigten Staaten, Großbritannien und die sogenannten Frontstaaten (die drei baltischen Länder und Polen) auf der anderen Seite.“ Diese Strategie habe sich bewährt. Ende Längeres Zitat Diese Schilderung der Strategie Putins durch Illarionow ist im Prinzip richtig. Wenn Putin überhaupt so etwas wie eine Strategie verfolgt, dann besteht sie mit hoher Wahrscheinlichkeit darin, die im "Westen" angelegte ideologische Spaltung zwischen Liberalismus und Sozialdemokra-tismus durch Parteinahme für den Sozialdemokratismus zu vertiefen. Putin ist keineswegs der Erfinder der Strategie der ideologischen Spaltung des "Westens", der Ursprung dieser Strategie liegt im "Westen" selbst. Urheber ist die "westliche" Ideologie des Sozialdemokratismus, und Ergebnis und Erfolg der Spaltungsstrategie ist das Projekt "Europäische Einheit". Putin ist gleichermaßen politischer Karriere-Profiteur wie ideologischer und strategischer Epigone der Wiedervereinigung Europas im Zeichen des Sozialdemokratismus. Er denkt nicht anders als man im kontinental-europäischen Sozialdemokratismus-Zentrum Berlin denkt: er träumt den ebenso schlichten wie konfusen Traum von einem sozialdemokratischen EUrasien von Lissabon bis Wladiwostok. Den von Illarionow so genannten "Frontstaaten" (Polen und die baltischen Länder) wird die Achse Brüssel-Berlin-Moskau wohl kaum erlauben, irgendwelche Sonderwege zu gehen. Der angelsächsische Teil des "Westens" braucht eine Antwort auf die sozialdemokratische Spaltungsstrategie des "Westens" und die Errichtung der sozialdemokratischen Zentralherrschaft EUrasien. Eine passiv-abwartende Haltung ist nicht länger eine Option. Das angelsächsisch-liberale Lager muß das Heft des weltpolitischen Handelns in die Hand nehmen. Die Konstruktion EUrasiens ist eine Bedrohung für die Freiheit auf der ganzen Welt. •II• ► Aus einem "faz.net"-Bericht mit der Überschrift "Krise in der Ukraine / Nato erwägt dauerhafte Truppenpräsenz in Osteuropa" (07.05.2014): Anfang Längeres Zitat Angesichts der Ukraine-Krise erwägt die Nato, dauerhaft Truppen in Osteuropa zu stationieren. Der oberste Nato-Kommandeur General Philip Breedlove sagte am Dienstag (Ortszeit) vor Journalisten in Ottawa: „Ich denke, das ist etwas, was wir erwägen müssen“. Die Idee werde den politischen Führern der Mitgliedsstaaten zur Diskussion vorgelegt und es sei abzuwarten, was dabei herauskomme, erklärte der amerikanische Viersterne-General nach Angaben des kanadischen Senders CBC. Die russische Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim und die direkte Verwicklung Moskaus in die Geschehnisse in der Ostukraine hätten ein „neues Paradigma“ geschaffen, das die Nato zu solchen Überlegungen zwinge. Ende Längeres Zitat ► Aus einem "faz.net"-Interview mit Angela Merkel (BRD-Bundeskanzlerin) mit der Überschrift "Die Bundeskanzlerin im F.A.Z.-Gespräch / «Russland wendet sich wieder altem Denken zu»" (16.05.2014): Anfang Längeres Zitat FAZ.NET: Bis vor nicht allzu langer Zeit hieß es, Russland sei ein strategischer Partner des Westens. Was ist es jetzt? Ein strategischer Rivale? Ein Gegner? MERKEL: Wir haben ohne Zweifel tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass mittel- und langfristig die enge Partnerschaft mit Russland fortgesetzt werden sollte ... FAZ.NET: Ganz offensichtlich hat es die bisherige Russland-Politik des Westens nicht vermocht, Moskau von einer gewaltsamen Landnahme abzuhalten. Brauchen wir nicht eine neue Ostpolitik? ... MERKEL: Ich sehe keine Notwendigkeit für einen ganz neuen Politikansatz ... ... FAZ.NET: ... Unterschiedliche Interessen gibt es auch zwischen Amerika und Europa. Spaltet Putin nicht nur die Ukraine, sondern auch den Westen? MERKEL: Das ist bisher nicht gelungen, und es wird auch in Zukunft nicht geschehen. Wir Europäer und unsere transatlantischen Partner diskutieren miteinander, natürlich, aber dann handeln wir gemeinsam ... ... FAZ.NET: ... Ist dank Putin das deutsch-amerikanische Verhältnis jetzt wieder in Ordnung? MERKEL: Mit den Vereinigten Staaten verbindet uns eine über viele Jahrzehnte gewachsene Freundschaft und Partnerschaft. Deutschland kann sich keinen besseren Partner als die Vereinigten Staaten wünschen ... Ende Längeres Zitat Welches Signal sendet Merkel, wenn sie angesichts der russischen Aggression gegen die Ukraine erklärt, daß "die enge Partnerschaft mit Russland fortgesetzt werden sollte"? Sie signalisiert: So ist nun mal die politische Kultur auf diesem europäischen Kontinent, das ist das Normale, so sind wir alle, damit müssen wir leben, damit haben wir uns abzufinden. Einen "neuen Politikansatz"? Das hieße, ein anderes politisches System. Das hieße, Fortfall der sozialdemokratischen Herrschaft. Das hieße, ein anderer Mensch werden. Das hieße, aufhören, ein sozialdemokratischer Mensch zu sein. Das hieße, einzugestehen: alles Bisherige war falsch. Aber es geht um´s (heillos-vergebliche) Klammern an die sozialdemokratische Seele. Ein "neues Paradigma"? Das hätte für die amerikanische Politik nicht nur eine andere Haltung gegenüber Rußland, sondern auch eine andere Haltung gegenüber dem sozialdemokratischen Europa zu bedeuten. Es hätte "Konsequenzen" zu bedeuten, von denen so viel die Rede war, deren Wichtigkeit sich aber scheinbar wieder in Luft aufgelöst hat. Die "Konsequenz", darüber nachzudenken, ob die Sache mit der Freiheitsmedaille für Merkel wirklich so eine gute Idee war, wäre vielleicht ein guter Einstieg. Samstag, der 17. Mai 2014 Anfang Längeres Zitat BRODER: ... Wenn Sie sagen, das ist alles Kleinkram, wie kommt dann Herr Oettinger dazu zu sagen: Die EU ist ein Sanierungsfall. Wie kommt Ihr Kollege Martin Schulz von der SPD dazu zu sagen: Wir müssen jetzt die Europäische Union vom Kopf auf die Füße stellen? Wie kommt es, dass führende Leute aus Kommission, Parlament und Rat genau das sagen? Herr Van Rompuy hat vor Kurzem gesagt: Das Parlament ist machtlos. Die wichtigen Entscheidungen werden im Rat getroffen, und das Parlament nickt Sie ab. ... BROK: ... Das Europäische Parlament hat ein Mitentscheidungsrecht wie bei zustimmungspflichtigen Gesetzen zwischen Bundestag und Bundesrat. Wir haben exakt das deutsche System. Nichts kann durch die nationalen Regierungen allein beschlossen werden. Wir haben Verträge abgelehnt, die die 27 Regierungen und die Kommission wollten. Und wenn wir Nein sagen, dann heißt das Nein. Das ist bei Handelsverträgen, beim Datenschutz-abkommen mit den USA und bei Erweiterungsverträgen so. Dies ist ein Recht, das wir seit 2010 haben und nutzen. BRODER: Seit 2010 haben Sie also ein Mitentscheidungsrecht. Es gibt genauso viele Verträge und Gesetzesvorhaben, die der Rat abgeschmettert hat und dann im Nirwana versunken sind. Ihr Parlament hat nicht einmal das Initiativrecht! Sie können nicht einmal eigene Gesetze vorlegen. BROK: Das Europäische Parlament kann Drittlandsverträge alleine ablehnen. Wenn wir Erweiterungsverträge ablehnen, sind sie abgelehnt. Wenn Handels- und Datenschutzverträge mit den USA kommen und wir ablehnen, dann sind sie abgelehnt. Das Mitentscheidungsrecht haben wir seit 1998. Und seit 2010 in fast allen Bereichen. Der Rat kann nichts alleine entscheiden! Und wir können auch nichts alleine entscheiden. Das ist bei einem Zweikammersystem üblich. Das ist wie in den Vereinigten Staaten zwischen Senat und Repräsentantenhaus. Auch in Haushaltsfragen müssen die beiden sich einigen. Ende Längeres Zitat Ministerrat und "Europaparlament" der EU ein demokratisches Zweikammersystem? Schon die nationalen Politiker der Mitgliedstaaten der "Europäischen Union" sind eine Auslese, die die Bevölkerung mit Verachtung ansieht, weil sie keine wirkliche demokratische Legitimation haben. Die Europa-Politiker der Mitgliedstaaten liegen im Ansehen und in der Akzeptanz noch eine Schublade tiefer, weil sie noch weniger demokratische Legitimation haben. Das Zusammenwirken der aus diesen Politikern gebildeten Institutionen, Ministerrat und "Europaparlament", vergleicht Herr Brok mit dem Zusammenwirken von Senat und Repräsentantenhaus in den Vereinigten Staaten. - Der Mann gehört nicht in die Politik sondern in eine Heilanstalt. Wenn man einigermaßen empathisch das Niveau beschreiben sollte, auf dem sich das Ansehen und die Akzeptanz von Europa-Politikern im Verhältnis zu Politikern generell bewegt, hätte bei der europäischen Bevölkerung wohl nur der Vergleich mit Kinderschändern unter den Kriminellen Bestand. Sonntag, der 18. Mai 2014 Anfang Längeres Zitat Die Welt: Wir müssen über die Ukraine reden. Wie geht es Ihnen hier in Deutschland, wenn Sie sehen, dass ein großer Teil der öffentlichen Meinung geneigt scheint, sich mit Putins Zergliederung der Ukraine abzufinden? Snyder: Vieles finde ich merkwürdig. Man vergisst zum Beispiel, dass der Zweite Weltkrieg – und damit der Holocaust – mit dem Anschluss Österreichs und der Annexion des Sudetenlands beginnt. Hätte es dagegen Widerstand gegeben, wäre alles anders gekommen. Und das müsste doch eigentlich der Bezugspunkt für eine deutsche Debatte über die Ukraine sein. Gerade die Deutschen müssten darauf hinweisen. Die Welt: Gerade das wollen sie nicht. Snyder: Die Versuchung lautet: einen Grund fürs Nichtstun finden. Und den liefert die Vorstellung, dass die Faschisten die Macht in Kiew übernommen haben. Dann ist es geradezu eine Tugend, nichts zu tun. Aber diese Vorstellung ist unhaltbar. Der Übergangspräsident ist ein Konservativer, der Premierminister ist ein Konservativer, einer der beiden Vizepremierminister ist Jude, überhaupt sind Juden in der Regierung gut repräsentiert. Die Rolle der äußersten Rechten bei den Protesten wird auf groteske Weise übertrieben. Das war eine Volksrevolution. Eine Revolution, die von der Linken kam, gegen Autokratie, Ungleichheit und Korruption, für Menschenrechte. Die Welt: Warum wird das im Westen so wenig gesehen? Snyder: Man muss zugeben: der russische Propagandaapparat arbeitet hervorragend. Sie haben die Aufmerksamkeit der Linken auf die rechten Kräfte in Kiew gelenkt. Das war ihr Job. Und so merkt die Linke nicht, dass der autoritäre Apparat in Russland zur Rechten gehört. Die Linke konzentriert sich auf ein paar unappetitliche Leute in der Ukraine, und das entlastet sie von der Notwendigkeit, die wirklich schlimmen Sachen zu sehen, die in Russland passieren. Man kann darüber hinwegsehen, dass Putins Eurasische Ideologie faschistische Wurzeln hat ... Die Welt: Die europäische Rechte allerdings lässt sich nicht täuschen. Snyder: Nein. Die Linke sollte sich anschauen, wer die Freunde Russlands sind. Beim so genannten Referendum auf der Krim lud Russland Mitglieder der rechtspopulistischen Parteien und der Neonazis als Beobachter ein. Es ist die Politik Russlands, die äußerste Rechte in Europa zu unterstützen, mit dem Ziel, die Europäische Union zu Fall zu bringen. Die ukrainische Rechte hingegen, die ungeliebte Svoboda-Partei, hat keine Freunde mehr unter den europäischen Rechtspopulisten und Rechtsextremen. Denn die sind alle zu Putin übergegangen. Von der Front National bis hin zu den Neonazis. Ende Längeres Zitat ► Aus einem "faz.net"-Artikel von Timothy Snyder mit der Überschrift "Ukraine / Putins Projekt" (13.04.2014): Anfang Längeres Zitat ... 2013 stand Moskau nicht mehr für einen russischen Staat mit mehr oder weniger berechenbaren Interessen, sondern für ein weitaus grandioseres Projekt einer eurasischen Integration. Das eurasische Projekt bestand aus zwei Teilen: der Schaffung einer Freihandelszone zwischen Russland, der Ukraine, Weißrussland und Kasachstan und der Zerstörung der Europäischen Union durch eine Unterstützung der extremen Rechten in Europa. Der imperiale soziale Konservatismus lieferte den ideologischen Deckmantel für ein höchst einfaches Ziel. Das Putin-Regime ist abhängig vom Verkauf des Erdöls und Erdgases, die über Pipelines nach Westeuropa transportiert werden. Ein einiges Europa könnte unter dem Druck russischer Unberechenbarkeit oder der globalen Erwärmung oder beider Faktoren zu einer gemeinsamen Energiepolitik finden. Ein uneiniges Europa bliebe dagegen abhängig von den russischen Energielieferungen. Einzelne Nationalstaaten wären fügsamer als die EU. Im gesamten Jahr 2013 widmeten sich die kremlnahen Medien geradezu obsessiv dem Thema europäischer Dekadenz, insbesondere im Bereich der Sexualität. Aber kaum waren diese ehrgeizigen Ziele formuliert, zerschellte die stolze eurasische Pose an der Realität der ukrainischen Gesellschaft. Ende 2013 und Anfang 2014 führte der Versuch, die Ukraine in den eurasischen Machtbereich hereinzuholen, zum genau entgegensetzten Ergebnis. Zuerst brachte Russland Janukowitsch mit politischen Mitteln davon ab, ein Handelsabkommen mit der EU zu unterzeichnen. Das führte zu Protesten in der Ukraine. Dann bot Russland einen großen Kredit und günstige Gaspreise als Lohn für eine Zerschlagung des Protests an. Im Januar nach russischem Vorbild eingeführte Gesetze machten den Protest zu einer Massenbewegung. Millionen von Menschen, die sich zu friedlichen Demonstrationen versammelt hatten, wurden plötzlich zu Kriminellen gestempelt, und einige von ihnen begannen, sich gegen die Polizei zu wehren. Schließlich machte Russland sowohl privat als auch öffentlich deutlich, dass Janukowitsch Kiew von Demonstranten säubern musste, wenn er das Geld erhalten wollte. Im Februar folgte dann das Scharfschützenmassaker, das einen eindeutigen moralischen und politischen Sieg für die Revolutionäre darstellte und Janukowitsch zur Flucht nach Russland zwang. Die Eurasische Union konnte nur ein Club von Diktatoren sein, aber der Versuch, in der Ukraine eine Diktatur zu errichten, bewirkte genau das Gegenteil: die Rückkehr zu parlamentarischer Herrschaft, die Ankündigung von Präsidentschaftswahlen und eine auf Europa ausgerichtete Außenpolitik. Nichts von alledem wäre geschehen ohne die spontane Selbstorganisation von Millionen Ukrainern auf dem Majdan in Kiew und im ganzen Land. Das machte die Revolution in der Ukraine nicht nur zu einem Desaster für die russische Außenpolitik, sondern auch zu einer Gefahr für das russische Regime im Inland. Die Schwäche der Putinschen Politik liegt darin, dass sie mit dem Handeln freier Menschen, die sich als Reaktion auf unvorhersehbare historische Ereignisse selbst organisieren, nichts anzufangen weiß. Ihre Stärke liegt in ihrem taktischen Geschick und ihrer ideologischen Schamlosigkeit. So wurde denn Eurasien sehr schnell modifiziert: Es war nun kein Club von Diktatoren mehr und der Versuch, die EU zu zerstören, sondern der Versuch, den ukrainischen Staat und die EU gleichermaßen zu destabilisieren. Die russische Propaganda stellte die ukrainische Revolution als Nazi-Staatsstreich dar und warf den Europäern vor, diese angeblichen Nazis zu unterstützen. Diese Version war zwar lächerlich, aber in Putins mentaler Welt weitaus komfortabler, weil sie das Debakel der russischen Außenpolitik aus dem Blickfeld rückte und die spontane Aktion der Ukrainer durch eine ausländische Verschwörung ersetzte. ... Menschen, die nur die ukrainische Rechte kritisieren, übersehen häufig zwei wesentliche Dinge. Erstens ging die ukrainische Revolution von der Linken aus. Ihr Gegner war ein autoritärer Kleptokrat, und ihr zentrales Programm waren soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit ... ... Der zweite Punkt, der übersehen wird, ist dieser: Die autoritäre extreme Rechte in Russland ist unendlich gefährlicher als die autoritäre extreme Rechte in der Ukraine. Zum einen, weil sie an der Macht ist. Zum anderen, weil sie keine ernstzunehmenden Rivalen hat. Drittens braucht sie keine Rücksichten auf internationale Erwartungen zu nehmen. Und sie verfolgt heute eine Außenpolitik, die offen auf eine Ethnisierung der Welt setzt. Es spielt keine Rolle, was ein Mensch in rechtlicher Hinsicht oder nach seinen eigenen Präferenzen sein mag. Die Tatsache, dass er russisch spricht, macht ihn zu einem »Volksgenossen«, der russischen Schutz und das heißt eine Invasion verlangt. ... ... Während die europäische Integration eine freiheitliche Demokratie voraussetzt, lehnt die eurasische Ideologie sie ausdrücklich ab ... ... Wie Putin, so verfangen sich auch Strache [Heinz-Christian Strache, Freiheitliche Partei Österreichs] und Le Pen [Marine Le Pen, Front National, Frankreich] in einem offenkundigen Widerspruch: Alle Vorzüge des Friedens und Wohlstands in Europa sollen irgendwie erhalten bleiben, auch wenn Europa zu irgendeiner Form von Nationalstaat zurückkehrt. Aber das ist natürlich eine ebenso dümmliche wie farblose Utopie ... ... In den nächsten Wochen bedeutet Eurasien die Zusammenarbeit zwischen dem Kreml und der extremen europäischen Rechten, wobei Russland versucht, die Wahlen in der Ukraine zu verhindern, und europäische Nationalisten sich bemühen, die Europawahlen zu gewinnen. Eine Stimme für Strache oder Le Pen oder auch für Farage [Nigel Farage, United Kingdom Independence Party] ist unter diesen Umständen eine Stimme für Putin, und eine Niederlage für Europa ist ein Sieg für Eurasien. Die Rückkehr zum Nationalstaat ist unmöglich. Deshalb wird die Integration in der einen oder anderen Form weitergehen. Nur die Form steht zu Wahl. Politiker und Intellektuelle sagten früher gern, es gebe keine Alternative zum europäischen Projekt, aber jetzt gibt es eine: Eurasien. Ende Längeres Zitat ► Aus einem "faz.net"-Interview mit Timothy Snyder mit der Überschrift "Timothy Snyder über die Ukraine-Krise / Rechte schließen sich zusammen, Putin führt sie an " (17.05.2014): Anfang Längeres Zitat FAZ.NET: Vor den Referenden auf der Krim und in der Ostukraine wurden die Wähler mit Horrorszenarien vor faschistischen Verbrechen der Kiewer Regierung gewarnt, die ihnen angeblich drohten, wenn sie nicht für die Abspaltung stimmen. Wie schafft es Putin, dass die Menschen solche Propaganda glauben? SNYDER: Der tiefste Grund liegt in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts, als Josef Stalin eine manichäische Weltanschauung entwickelte, worin es nur zwei Seiten gibt: die Faschisten auf der einen und Antifaschisten – die das Monopol auf alles Gute haben – auf der anderen Seite. Der zweite wichtige Aspekt: Seit der ukrainischen Revolution in Orange von 2004 arbeiteten die Russen hart daran, ukrainische Reformer, Westukrainer und die ukrainische Idee im Allgemeinen mit der Geschichte des Zweiten Weltkriegs zu verkoppeln. Insbesondere betonten sie die Verbindung zum ukrainischen Partisanenführer Stepan Bandera, der zeitweise mit den Deutschen kollaborierte. Diese Kampagne wird seit einem Jahrzehnt geführt. Der dritte Grund ist sicher, dass viele Menschen einen echten Schock erlitten haben. Die Bevölkerung der Krim fühlte sich stets sehr weit von Kiew entfernt. Der Regierungswechsel infolge des Majdan war fremd für sie und hat sie wahrscheinlich zugänglicher gemacht für diese Propaganda. Zynischerweise betreibt Russland diese Spekulation mit der Geschichte, ein Regime, das sich selbst klar in die rechtsextreme Richtung bewegt. FAZ.NET: Führt Putin, dessen Propagandisten gegen Faschisten in der Ukraine wettern, selbst ein faschistisches Regime? SNYDER: Einige russische Ideologen, die in den Medien stetig an Präsenz und Einfluss gewinnen, sind eindeutig als Faschisten zu bezeichnen. Das bekannteste Beispiel ist Alexander Dugin, der sich früher auch stolz so nannte. Er verortet sich weder links noch rechts, verarbeitet aber Elemente beider extremistischen Positionen zu einem neuen Konsens. Genauso kam vor 100 Jahren der Faschismus auf. Und es gibt Anzeichen faschistischen Stils im Verhalten des Regimes. Die Obsession mit dem männlichen Körper ist sehr faschistisch, die Rehabilitierung von Hitler, die Trivialisierung des Holocaust, die zugelassen wird. Dies stellt meines Erachtens eine große Gefahr dar. Hinzu kommt der soziale Konservatismus in Russland, der als solcher unschuldig erscheinen könnte, aber in Kombination mit den anderen Elementen betrachtet werden muss. ... FAZ.NET: Wird das Verständnis, das viele Menschen für Putins Verhalten in der Ukraine-Krise haben, die Europawahlen beeinflussen? SNYDER: Das ist durchaus möglich. Der Unterschied zwischen den rechtspopulistischen Parteien, die allesamt Putin stützen, und den konventionellen Parteien besteht vor allem darin, dass die einen vom russischen Gas abhängen wollen und die anderen über Europas Energiezukunft nachdenken. Die rechtspopulistischen Parteien, die so gern behaupten, die Unabhängigkeit ihrer Länder wahren zu wollen, wurden Pressesprecher von Gasprom und Naftogaz. Sie wollen die EU schwach halten, damit Putin weiter Gas verkaufen kann. Der ideologische Hintergrund ist das eurasische Projekt von Putin, jene Einflusssphäre zwischen Lissabon und Wladiwostok, in der es Nationalstaaten geben soll, in denen man Homosexuelle unterdrücken und Immigration stoppen kann. Die europäische Rechte fühlt sich zu diesem Modell eines sozialen Konservativismus hingezogen, das Putin vorschlägt. In Wirklichkeit geht es bei diesen Wahlen nicht mehr darum, ob man eine stärkere oder schwächere EU will. Die Europawahlen sind ein Wettbewerb zwischen den Eurasiern und der Europäischen Union. FAZ.NET: Wer also Front National oder die AfD in Deutschland wählt, wählt Putin und Eurasien? SNYDER: Absolut. Wobei die Linke scheinbar auch Putin und Eurasien wählt. Die Frage ist: Wollen wir Europa sein oder nicht? Ich glaube nicht, dass die Menschen das verstanden haben. Jeder Schritt weg von Europa ist nun ein Schritt nach Eurasien. FAZ.NET: Die Gemeinsamkeiten zwischen Putin und der europäischen Rechten liegen auf der Hand. Aber warum unterstützt ihn die Linke? SNYDER: Der Kollaps der europäischen Linken angesichts der Ereignisse in der Ukraine ist eine Geschichte für sich. Zunächst waren sie unfähig, zu erkennen, dass das Regime Janukowitsch ein natürlicher Gegner einer linken Revolution war. Das Regime war kleptokratisch, sozial konservativ, autoritär; es war fast eine Parodie einer marxistischen Beschreibung eines Kapitalisten. Immer mehr Kapital lag in der Hand eines Mannes, Janukowitschs. Es gab keine Grenze mehr zwischen dem politischen und dem wirtschaftlichen System. Und dann verkannte die Linke, dass der Protest auf dem Majdan eine linke Revolution war. Es ging um soziale Gerechtigkeit, Umverteilung, Würde, Korruptionsbekämpfung. Es ging nicht um die rechtsextremen Slogans, die in Deutschland so viel Aufmerksamkeit bekamen. Für mich ist das ein intellektuelles Versagen. Niemand auf der linken Seite des politischen Spektrums erkannte, dass sich in Europa eine große linke Revolution vollzog. Drittens vermag die Linke nicht den Unterschied zwischen Putin und Lenin zu erkennen. Dabei macht das heutige russische Regime kein Geheimnis daraus, dass es die internationale Rechte verkörpert. FAZ.NET: Das vorläufige Ergebnis der linken Revolution ist aber eine konservative Interimsregierung in Kiew, und Ende Mai könnte ein Oligarch Präsident werden. SNYDER: Die Revolution, die von der Linken ausging, kommt nun an ihre Grenzen. Der Beginn der Bewegung war antioligarchisch, aber sie kann die etablierte Macht der Oligarchen in der Ukraine nicht wegwischen. Es gelang den Protestierenden, den einen Menschen zu vertreiben, der im Begriff war, der einzige Oligarch zu werden. Die russische Einmischung hat die Funktion einer Konterrevolution. Sie macht es für die Bevölkerung und die Regierung viel schwerer voranzukommen. Ende Längeres Zitat Snyders Erzählung von einem signifikanten Zusammenhang zwischen der westeuropäischen Rechten und Putins Autoritarismus ist weit hergeholt und künstlich. Auch die Repräsentation der Putin-Herrschaft als eines im Kern faschistischen Regimes geht zu weit. Es mag durchaus sein und ist unter den Bedingungen europäischer Politik nie auszuschließen, daß die weitere Entwicklung auf dem europäisch-asiatischen Kontinent auf eine faschistisch-totalitäre Zentralherrschaft zusteuert und daß es dabei zu einer Zusammenarbeit zwischen gleichgesinnten faschistischen Kräften in Westeuropa und in Moskau kommt, aber solche Vorstellungen (Eurasien) sind im Moment übertrieben. Snyder malt hier aus einer gewissen politischen Motivation heraus ein unrealistisches Schreckgespenst an die Wand. Die europäische Rechte war bei ihrer Entstehung nicht auf Putin angewiesen, sie ist für ihre Existenz nicht auf Putin angewiesen, und ich schätze, sie läßt sich von Putin auch nicht "anführen". Die Gefahr in Europa ist nicht ein angebliches Bündnis zwischen der westeuropäischen Rechten und Putin, sondern das, was Snyder uns als Schutz dagegen und als Leitstern verkaufen will: das sozialdemokratische Gebilde "Europäische Union". Dieses Gebilde ist für das Billigkeitsgefühl des Menschen eine Provokation. Es ist undemokratisch, unrechtmäßig, repressiv, ungerecht, arrogant, verlogen-falsch und schwach. Es ist in hohem Maße, wenn nicht sogar alleinmaßgeblich, verantwortlich für beides, für den Aufschwung der politischen Rechten in Europa und für Putins Aggressivität. Putin sieht seinen Partner nicht in der europäischen Rechten, sondern in der "Europäischen Union". Und wenn er etwas "anführt", dann ist das die Berliner Politik und ihre Wirtschafts-Entourage, die eine enge Partnerschaft und gute Geschäfte mit ihm sucht. Seine Strategie ist es nicht, die "Europäische Union" zu zerstören, sondern gemeinsam mit der "Europäischen Union" den Westen zu spalten und als EUrasien eine ideologische und militärische Gegenmacht zu Amerika zu errichten. Darin trifft sich seine Strategie mit den politisch-strategischen Zielen des Politbüros der "Europäischen Union". Seine Aggression gegen die Ukraine ist in dem Zusammenhang keineswegs kontraproduktiv, sondern im Gegenteil: sie sorgt beim Politbüro der "Europäischen Union" erst für die rechte Klarheit darüber, wie wichtig es ist, das Verhältnis zu seinem natürlichen Partner, dem sozialdemokratischen Kreml, auf eine respektvolle und gleichberechtigte Grundlage zu stellen. Die ukrainische Revolution war "eine große linke Revolution" in Europa? Eine solche beleidigende Deutung des ukrainischen Freiheitskampfes weisen wir zurück. Die Ukrainer haben nicht im großen europäischen Politik-Zirkus, in dem alle nur denkbarbaren Weltanschaungs- und Klientelparteien darum kämpfen, die Polizei und das Militär zu kommandieren, für "links" votiert. Die ukrainische Revolution muß vielmehr als Teil des universellen Freiheitskampfes der Menschheit verstanden werden, genau so, wie die amerikanische Revolution Teil dieses Kampfes war und ist. Es ist ein Unterschied, ob die Freiheit siegt oder ob im europäischen Bürgerkrieg das linke Lager siegt. Will Snyder uns sagen, das ist kein Unterschied? Will er uns sagen, der Sieg der "Europäischen Union" ist der Sieg der Freiheit? Will er uns die amerikanische Unabhängigkeitsrevolution als eine linke Volksbewegung verkaufen? "Links" ist - plakativ gesagt - kommunistisch. Wenn wir für die Freiheit sind, brauchen wir kein Etikett, wo drauf steht "links". Meine Wahrnehmung ist, daß man in Amerika nicht für "links" schwärmt, sondern für frei. Sorry, aber Wissenschaftler, die versuchen, uns die "Europäische Union" als Amerika zu verkaufen, können wir leider nicht ernst nehmen. Das ist nicht nur ein bißchen ungenau oder leichtfertig, das ist in höchstem Maße reaktionär und gefährlich. Die ideologischen und moralischen Konsequenzen von europäischem Parteienstaat-System einerseits und amerikanischer Demokratie andererseits zu verschweigen und zu verschleiern, und damit die fundamentale Legitimitätsdifferenz zwischen europäischem Parteienstaat-system und amerikanischer Demokratie zu verschweigen und zu verschleiern, ist unzulässig. Freiheit, Kosmopolitismus, Volkssouveränität, Demokratie, Recht, humanistischer Universalismus haben nur dann eine Chance, und gleichbedeutend damit hat das physische Überleben der Menschheit nur dann eine Chance, wenn der europäische Parteienstaat als politisches System überwunden und Herrschaftsprojekte seiner Provenienz, wie etwa die "Europäische Union" bzw. das von ihm angestrebte EUrasien verhindert werden. Das sozialdemokratische Projekt "EU(rasien)" korrumpiert den Menschen und zerstört die Humanität, die Humanität im Sinne der Gewissenhaftigkeit des Menschen. |
Dienstag, der 20. Mai 2014 Anfang Längeres Zitat Es geht um unsere Sicherheit im Internet und um Datenschutz: Der Bundesinnenminister ist zu Gesprächen in Washington. Nach dem Ausspäh-Skandal durch den amerikanischen Geheimdienst NSA soll nach neuen Wegen gesucht werden, die auch in Europa akzeptiert werden können. Doch in den USA selbst stößt das auf wenig Gegenliebe. Der IT-Berater von US-Präsident Obama ließ das Treffen mit dem Bundesinnen-minister zunächst sogar platzen: Ein Termin von gestern wurde einfach auf heute verlegt. Interesse sieht wohl anders aus. Dabei hat de Maizière durchaus konkrete Vorstellungen und Anliegen. Der erfahrene CDU-Politiker hatte schon einmal vier Jahre lang als Kanzleramtschef die deutsche Geheimdienstarbeit koordiniert. Zudem äußerte er sich unlängst recht kritisch zu den maßlosen NSA-Praktiken auch in Deutschland. Doch wie schon Bundesaußenminister Steinmeier (SPD) und Kanzlerin Merkel (CDU) mag auch Thomas de Maizière seine Gesprächspartner in Washington nicht allzu sehr mit NSA-Fragen bedrängen, schon gar nicht mit Konsequenzen konfrontieren. Zumindest öffentlich ist ihm die Botschaft wichtiger, dass die USA Deutschlands wichtigster Sicherheitspartner seien und: "Wir werden die Zusammenarbeit fortsetzen, trotz des natürlich schwierigen Themas NSA." Ende Längeres Zitat ► Aus einem "deutschlandfunk.de"-Bericht mit der Überschrift "De Maiziere spricht in den USA über Sicherheit und Datenschutz im Internet" (20.05.2014): Anfang Längeres Zitat Bundesinnenminister de Maiziere hält sich zu politischen Gesprächen in den USA auf. Vor dem Hintergrund der Spähaffäre um den amerikanischen Geheimdienst NSA geht es dabei vor allem um Sicherheit und Datenschutz im Internet. De Maiziere sagte nach seiner Ankunft in Washington, die USA seien der wichtigste Sicherheitspartner Deutschlands. Diese Zusammenarbeit wolle und werde man fortsetzen, trotz des schwierigen Themas NSA. - Im Rahmen seines dreitägigen Besuchs trifft de Maiziere unter anderem mit Heimatschutzminister Johnson, Justizminister Holder und Geheimdienstdirektor Clapper zusammen. Ende Längeres Zitat Sicherheitspartner? Klingt irgendwie bekannt. Der Begriff scheint die sich wandelnde ideologische Konfrontationslinie im sich wandelnden Ost-West-Konflikt zu markieren. Zu Zeiten der Berliner Mauer war die Sowjetunion "Sicherheitspartner" des europäischen Sozialdemokratismus. Seit mit dem Fall der Mauer der Sozialdemokratismus in ganz Europa die Macht übernommen hat, sind die USA "Sicherheitspartner" des europäischen Sozialdemokratismus. Im Ost-West-Konflikt des 21. Jahrhunderts trennt nicht mehr die Mauer die "Sicherheitspartner" sondern der Atlantik. Donnerstag, der 22. Mai 2014 Anfang Längeres Zitat Was wird man von diesem Europa-Wahlkampf in Erinnerung behalten? ... Vielleicht ist es die „Wutrede“ des Außenministers Steinmeier, der bei einer Wahlveranstaltung der SPD in Berlin auf „Kriegstreiber“-Rufe sogenannter Demonstranten lautstark zurückgekeilt hat. So erregt und laut hat man Steinmeier lange nicht erlebt und als Wahlkämpfer möglicherweise auch noch nie gesehen. Es wird einige Sozialdemokraten geben, die sich so einen leidenschaftlichen Auftritt Steinmeiers bei früherer Gelegenheit gewünscht hätten, selbst wenn er sich hat provozieren lassen und eine Blöße gab ... ... Im Falle Steinmeiers ist der Kriegstreiber-Vorwurf perfide. Der Außenminister hat sich während der vergangenen Monate immer wieder um einen Dialog in der Ukraine bemüht und darum, Gesprächskontakt mit einer russischen Führung zu halten, die nicht an Deeskalation interessiert war, sondern daran, unter merkwürdigem Beifall von rechts und links in Deutschland das Nachbarland zu destabilisieren. Steinmeier ist für seinen Dialogansatz gescholten und der Naivität bezichtigt worden; manches von dem, was er bislang in Bezug auf Russland für richtig hielt, hat sich dank Putin als Illusion erwiesen. Dank jenem Mann, den die Neue Rechte in Europa – aber nicht nur die – verehrt. Die Lektion von Berlin: Auch Minister brauchen sich nicht alles gefallen lassen. Ende Längeres Zitat "... nicht alles gefallen lassen"? Wenn der Sozialdemokrat "Basta" sagt oder laut wird, ist Vorsicht geboten. Das ist ein Zeichen dafür, daß seine Geduld mit seinen "Mitbürgerinnen und Mitbürgern" zu Ende geht. In deutschen Landen wird gern das Hohelied der Toleranz gesungen - wenn klar ist, wer das Sagen hat. Ob das Friedrich II., Otto von Bismarck oder Frank-Walter Steinmeier ist. Eine demokratische Schau veranstalten, macht Spaß; dabei gestört werden, schon weniger. •II• Aus einem "faz.net"-Artikel von Wolfgang Schäuble (BRD-Finanzminister) mit der Überschrift "Wolfgang Schäuble über die Zukunft der EU / Die neue europäische Ernsthaftigkeit" (21.05.2014): Anfang Längeres Zitat Die gängigen Begriffe in der politischen Debatte für die hier skizzierte Ordnung gefallen mir allerdings nicht recht: „Politische Union“ ist ein sehr vager Begriff. Und der Ausdruck „Vereinigte Staaten von Europa“ lässt den ganz eigenen Charakter des europäischen Gebildes zu unbestimmt und führt zu Missverständnissen, wenn man dabei die Vereinigten Staaten von Amerika vor dem inneren Auge hat. Technisch beschrieben, wäre Europa so etwas wie eine „Mehr-Ebenen-Demokratie“: kein Bundesstaat, dessen Schwergewicht im Zentrum eines quasinationalstaatlichen Gemeinwesens läge. Aber zugleich viel mehr als ein Staatenbund, dessen verbindendes Element dürftig und schwach legitimiert bliebe. Sondern Europa wäre ein sich ergänzendes, ineinandergreifendes System von Demokratien verschiedener Reichweite und Zuständigkeiten: eine national-europäische Doppeldemokratie. Wir wären dann Bürger unserer nationalen Demokratien und einer europäischen Demokratie zugleich. Dies könnten wir dann auch mit zwei Pässen zum Ausdruck bringen. Wir würden auf diese Weise eine Integration von größerer Qualität in Europa erreichen. Misstrauen gegen unnötig komplizierte Brüsseler Strukturen könnte sich verwandeln in Stolz, Bürger eines gleich mehrfach demokratischen Europas zu sein. Ende Längeres Zitat Was kommt dabei heraus, wenn der politische Groß-Theoretiker Schäuble mal wieder zuschlägt? Dasselbe wie immer. Blödsinn. Verbiestertes Wunschdenken in Verbindung mit dem Lobpreis der Krise als Katalysator des Fortschritts. Doppeldemokratie? - Woran ist gedacht? An verdoppelte Steuererhebung? - Wir brauchen nur eine Demokratie. DIE Demokratie. Das ist das Regierungssystem, bei dem nicht immer dieselben Schäubles regieren. Es ist sogar das Regierungssystem, bei dem tunlichst überhaupt keine Schäubles regieren. Der politische Habitus der Schäubles ist das Pareto-Prinzip (Vilfredo Pareto: «Gefühle soll man ausnützen, statt seine Energie in fruchtlosen Versuchen zu verschwenden, sie auszumerzen.»). Es ist die zynische Verachtung und tatsächlich-praktische Mißachtung der von ihnen feierlich proklamierten demokratisch-zivilisatorischen Menschheitsideale. Beispiel: Die Propagandaschlacht von Politik und Systemmedien zur "Europawahl", von der dieser Schäuble-Text ein Teil ist. Sie ist eine Aufforderung an die Europäer zum Selbstbetrug. Im Namen der Demokratie werden die Europäer zur Teilnahme an einer "Wahl" verleitet, bei der es nichts zu wählen gibt. Samstag, der 24. Mai 2014 Anfang Längeres Zitat Vor allem gibt es die 1962 gegründete Ruhr Universität Bochum, wo 1965 die Lehre aufgenommen wurde, die erste Hochschul-neugründung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, welche ohne jeden Zweifel bis heute Hunderttausenden von tendenziell unterprivilegierten jungen Deutschen das Studium überhaupt erst ermöglicht hat; die wohl nicht allein in den Geisteswissenschaften die Karrieren von einigen der wirklich bedeutenden akademischen Protagonisten aus den letzten fünfzig Jahren auf den Weg gebracht und befördert hat – und die sich selbst immer schon in der ungelenkigsten Weise vorgestellt hat. Während der frühen Jahre ihrer Existenz “wusste” man von der Ruhr-Universität im Land eigentlich nur, dass ihre Beton-Architektur (die historisch gesehen eine allzu ernst genommene Ausführung von Le Corbusier-Prinzipien sein wollte) angeblich eine skandalöse Zahl von Selbstmorden unter den Studenten provoziert habe – ohne dass die zuständige Pressestelle je wirkungsvoll reagiert oder gar interveniert hätte. In den beiden Bewerbungs- und Bewertungsstadien der sogenannten “Exzellenz-Initiative” während des vergangenen Jahrzehnts schließlich war Bochum die am höchsten bewertete Universität, welche am Ende nicht in die zweistellige Millionen Euro-Wolke des Exzellenz-Status gewunken wurde. Es ist, als habe der lange Bochum-Schatten aus der Vergangenheit eine der besten deutschen Hochschulen eingeholt – und dies mit nachhaltigen Folgen. Ende Längeres Zitat Warum hat Klaus Chmielewicz († 13. Oktober 1994) eigentlich nicht den Nobelpreis bekommen? Er war derjenige, der das betriebliche Rechnungswesen abschließend durchschaut und richtig systematisiert, schematisiert und formalisiert hat. Stichwort FBE-System. Chmielewicz hat Klarheit reingebracht, wie Finanzrechnung, Bilanz und Erfolgsrechnung aufeinander bezogen sind. Er hat damit z.B. die Fragwürdigkeit von cash-flow-Konzepten aufgezeigt, bei denen Finanz- und Erfolgsgrößen vermischt werden, was zu unternehme-rischen Fehlentscheidungen führen kann. Sonntag, der 25. Mai 2014 Anfang Längeres Zitat Der Whistleblower Edward Snowden erwägt offenbar, unter bestimmten Bedingungen in sein Heimatland USA zurückzukehren. "Es gibt Verhandlungen", sagte Snowdens deutscher Anwalt Wolfgang Kaleck dem SPIEGEL. "Alle, die mit der Sache zu tun haben, sind sich bewusst, dass eine einvernehmliche Lösung mit den US-Behörden das Sinnvollste wäre." Man bemühe sich daher, "zumindest mittelfristig eine Lösung zu finden, die für Edward Snowden erträglich ist". Sein Mandant habe nie egoistisch gehandelt und keinen Schaden angerichtet. "Daher könnte man sich von einer demokratischen US-Regierung erhoffen, dass sie ihm den Weg zurück ebnet", so Kaleck. Er selbst sei an den Verhandlungen allerdings nicht beteiligt. Ende Längeres Zitat "...nie egoistisch gehandelt"? Vielleicht. Jedenfalls einen Fehler gemacht. Snowden ist den falschen Weg gegangen. Du kannst als Amerikaner nicht über Xi Jinpings Hongkong, Wladimir Putins Moskau und Angela Merkels Berlin die Freiheit retten. "... keinen Schaden angerichtet"? Vielleicht ist der Ruhm für Snowden unwichtig. Vielleicht hat er ihn wirklich nicht gesucht. Vielleicht war der Ruhm wirklich nicht sein Antrieb. Vielleicht. Der Ruhm transportiert und propagiert aber die Insinuation, daß es möglich oder sogar nötig sei, die Freiheit über Xi Jinpings Hongkong, Wladimir Putins Moskau und Angela Merkels Berlin zu retten. Darin liegt ein enormer Schaden. Montag, der 26. Mai 2014 Anfang Längeres Zitat Nach der Wahl zum Europaparlament sind die EU-Schönredner wieder in ihrem Element. Die nach wie vor niedrige Wahlbeteiligung verfälsche das Bild, in Wahrheit seien doch viel mehr Bürger für die europäische Einigung. Für den schlichten Normaleuropäer sei der schwierige Konsensfindungsprozess in der EU zu komplex. Der leider etwas beschränkte Bürger wisse gar nicht, wie gut die EU für ihn sei. So redet sich die „europäische Elite“ das Wahlergebnis schön und blendet die Tatsache der drastisch schwindenden Zustimmung aus. Nur ein paar Rechtspopulisten machten die europäische Einigung madig, behaupten die Berufseuropäer trotzig, die schon vor der Wahl Skeptiker als Anti-Europäer verunglimpften, ohne zu fragen, wie ein Europäer gegen sich selbst sein kann. Als das nicht reichte, stempelten manche die Kritiker der Brüsseler Zentralisierung sogar zu Europa-Hassern. So viel Verblendung war selten ... ... Europa als Kontinent der Freiheit und der Freizügigkeit hat wenig mit dem Euro zu tun. Viel wichtiger sind der gemeinsame Binnenmarkt als Motor für eine dynamische Wirtschaftsentwicklung und in der Zukunft eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Ende Längeres Zitat "... Kontinent der Freiheit"? Die Außen- und Sicherheitspolitik ist eine Funktion der inneren politischen Philosophie. Jene folgt dieser. Zwar ist nach der "Europawahl" das Protestlager gestärkt, aber es dominiert weiterhin das rot-schwarze Polizei-Lager. Das ist kein Europa der Freiheit. Wir müssen uns entscheiden: Freiheit oder Sozialdemokratismus.
Dienstag, der 27. Mai 2014 Der Nationalstaat des 21. Jahrhunderts wird ein Nationalstaat neuen Typs und grundverschieden vom Nationalstaat des 19. Jahrhunderts sein. Der moderne Nationalstaat des 21. Jahrhunderts ist gegründet auf Freiheit, Demokratie und Recht. Das sozialdemokratisch vereinigte Europa unterscheidet sich seiner politisch-philosophischen Wesensart nach nicht prinzipiell vom europäischen Nationalstaat des 19. Jahrhunderts. Mit dem Projekt "Europäische Union" soll der europäische Nationalstaat auf der Grundlage des Autoritarismus überwunden werden, der den Nationalismus des 19. Jahrhunderts kennzeichnete. Es liegt kein zivilisatorischer Fortschritt darin, die Pluralität der Nationalstaaten des 19. Jahrhunderts durch den Autoritarismus eines zentralistischen europäischen Einheitsstaates zu ersetzen. Das ist im Gegenteil ein zivilisatorischer Rückschritt. Der europäische Nationalstaat des 21. Jahrhunderts birgt die Chance des zivilisatorischen Fortschritts, der gesamteuropäische Zentralstaat sozialdemokratischer Prägung kennt als Destination nur den Totalitarismus. Mittwoch, der 28. Mai 2014 Anfang Längeres Zitat Die Bundeskanzlerin sah sich bereits entgegen ihrer eigenen Überzeugungen nur aufgrund des vom Europaparlament und dessen Präsidenten Martin Schulz verursachten öffentlichen Drucks gezwungen, dem System von Spitzenkandidaten zuzustimmen. Sie selbst hatte dies bis zuletzt abgelehnt. Erst als die Europäische Volkspartei als einzige pro-europäische Partei ohne Spitzenkandidaten dazustehen drohte, lenkte sie ein. Das soll ihr nicht noch einmal passieren. Weshalb sie das Parlament warnte, ihr nicht schon wieder etwas aufzwingen zu wollen ... Ende Längeres Zitat Arme Bundeskanzlerin. Anfang Längeres Zitat "In Gefahr und großer Not bringt der Mittelweg den Tod": Der Spruch stammt vom Barockdichter Friedrich von Logau, er ist vierhundert Jahre alt - aber immer noch wahr. Wie wahr, das erlebt derzeit Generalbundesanwalt Range. Er hat angesichts des NSA-Skandals den Mittelweg gewählt. Die Folgen für den Rechtsstaat sind existenziell gefährlich. Die Gefahr, gegen die es sich zu wehren gilt, geht vom US-Geheimdienst NSA aus. Die große Not besteht darin, dass die US-Spionage die Dimension des Üblichen in alle Richtungen sprengt. Und die allergrößte Not gründet darin, dass der Generalbundesanwalt weiß, dass, wo immer er ermitteln will, gemauert oder verzögert wird; er kommt nicht an den Kern der Sache ran. Woher er das weiß? Weil er schon ermittelt hat. Er hat sich das aber nicht zu sagen getraut, und er hat das auch nicht "Ermittlungen" genannt, weil er kleinmütig ist und Bammel vor der Reaktion der USA hatte. Also bezeichnete er seine Ermittlungen nur als "Vorermittlungen" - gerade so, als handele es sich bei den schweren US-Straftaten nur um vage Vermutungen an der Grenze zur Haltlosigkeit. ... Ein ehrliches, rechtzeitiges offizielles Ermittlungsverfahren wäre ein starkes, rechtsstabilisierendes Symbol gewesen - auch bei seinem Scheitern. Die Zeit für die Ehrlichkeit ist offenbar vorbei. Das Verfahren wird jetzt irgendwie abgewürgt werden; zum Schaden des Rechtsstaats. Ende Längeres Zitat "... Schaden des Rechtsstaats"? Aus http://de.wikipedia.org/wiki/Es_gibt_kein_richtiges_Leben_im_falschen : „Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“ Bei diesem Satz handelt es sich um eine Sentenz des deutschen Philosophen Theodor W. Adorno aus dessen Minima Moralia. Das geflügelte Wort gilt heute als sein berühmtester Satz, als sprichwörtlich gewordene Wendung." Was die BRD betrifft: Es gibt keine Freiheit, keine Demokratie und kein Recht im Sozialdemokratismus. Was Prantl betrifft: Es gibt keine Existenz als Diener des Rechts im Unrechtssystem. Donnerstag, der 29. Mai 2014 Anfang Längeres Zitat Ein selbstkritischer EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy nimmt den Karlspreis entgegen und ... tritt ab. ... Es ist ein bewegender Moment, als der Mann mit dem Haarkranz selbst ans Rednerpult tritt. Lange Zeit spricht Van Rompuy auf Englisch, dann aber wechselt er ins Deutsche und wiederholt mit fester Stimme und flämischem Akzent die Essenz seiner Rede: "Die Menschen müssen sich in unserer Union zu Hause fühlen. Europa darf nicht nur ein großer Raum der Freizügigkeit und Freiheiten sein, sondern es muss auch ein Ort sein, der Heimat ist. Ich bin überzeugt davon, dass wir das schaffen können." ... Aber er ist auch ein Politiker, der an Europa leidet. Das macht die Karlspreis-Rede deutlich. Sie ist Van Rompuys Vermächtnis, er scheidet im November aus dem Amt. Seine Rede ist eine Mischung aus Melancholie, Pathos und philosophischem Diskurs. "Ist es nicht auffallend, dass die EU heute außerhalb ihrer Grenzen populärer ist als im Innern?", fragt er herausfordernd. "Wie ist es möglich, dass die Menschen heute Europa als einen Grund dafür ansehen, dass sie sich machtlos und ohne Mitsprache fühlen – wo doch Europa dazu geschaffen wurde, sie stärker zu machen?" Der Belgier resümiert: "Wir haben Europa niemals als Haus oder Herberge gedacht, und heute zahlen wir den Preis dafür." ... ... Und er will seiner Vision von Europa den Weg ebnen. Die Karlspreis-Verleihung war da für ihn die genau richtige Bühne. Von Rompuy spricht von einem Europa, dessen Grenzen nicht im Osten von Polen, Tschechien und Rumänien liegen, sondern weiter östlich. Einem Europa, das auch Russland nicht ausschließt, denn, so sagt er, ohne "Tolstoi gäbe es auch keinen Thomas Mann". Ende Längeres Zitat Im Interesse der Würde des Menschen braucht Europa die Pluralität und den zivilisatorischen Wettstreit souveräner Nationen. Die modernen europäischen Nationalstaaten des 21. Jahrhunderts können perfekte liberal-demokratische Rechtsstaaten sein und trotzdem in einem Konkurrenzverhältnis zueinander stehen. In einem Konkurrenzverhältnis, in dem die Nationalstaaten nicht nur ihre historischen Kulturunterschiede bewahren und pflegen, sondern auch unterschiedliche wirtschafts- und sozialpolitische Schwerpunkte setzen. Denn liberal-demokratische Rechtsstaaten bleiben in ihrem Charakter als solche unverändert und unversehrt, wenn sie in wirtschafts- und sozialpoli-tischer Hinsicht verschiedene Wege gehen. Eine Konkurrenz von möglichst vielen solcher souveräner Nationalstaaten ist auch im Interesse der globalen Freiheit erwünscht und notwendig. Nicht erwünscht ist ein mörderischer ökonomischer Wettbewerb zwischen totalitär-effizient organisierten globalen Großregionen, wie etwa die "Europä-ische Union" eine ist. Nicht erwünscht ist die Zielsetzung, "die Europäische Union ... zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen". Dieser Größenwahn kann nur polizeistaatlich auf dem Rücken der Bevölkerung betrieben werden. Eine "Globalisierung" dieser Art dient weder der Gattung Mensch noch dem Planeten Erde. Eine "Globalisierung", deren Signum die Eskalation des Staatsklassen-kampfes gegen das Volk ist, ist anti-zivilisatorisch. Der Staatsklassenkampf gegen das Volk hat in Europa schon jetzt ein intolerables Ausmaß erreicht. Freitag, der 30. Mai 2014 Anfang Längeres Zitat Das Leben kommt uns kurz und ungerecht vor. Trost bietet vielen die Religion und der Glaube ans ewige Leben. Doch Glaube, Hoffnung, Liebe bietet auch der religionsfreie Humanismus, erklärt der Philosoph Michael Schmidt-Salomon in seinem neuen Buch. Mit dem kleinen Wort am Ende seines neuen Buches "Hoffnung Mensch" hat Michael Schmidt-Salomon die Szene der Säkularen in Deutschland irritiert: "Amen" steht dort unter einem Glaubensbekenntnis, das unter anderem lautet: "Ich glaube an den Menschen/Der die Hoffnung der Erde ist". Ist der bislang durch teils heftige Religionskritik aufgefallene Philosoph mit seinem neuen Buch "Hoffnung Mensch" ins Lager der Religiösen gewechselt? ... An eine Auferstehung oder ein ewiges Leben glaubt Schmidt-Salomon aber nicht. Schon gar nicht angesichts der Erkenntnisse der Kosmologen, dass es selbst mit dem Universum irgendwann ein Ende haben wird. Zwar habe sich die Aufregung darüber etwas gelegt, die "existentielle Erschütterung, die mit dieser Erkenntnis einhergeht, ist aber erhalten geblieben". ... Natürlich gründet Schmidt-Salomons Überzeugung, dass eine bessere Welt möglich ist, nur auf Hoffnung, auch wenn sie gut begründet ist. Das macht ihn zu einem Gläubigen. Und das räumt er mit seinem Credo ein und betont es mit seinem Amen. Doch dieses Amen ist nicht identisch mit dem religiösen "So sei es". Er beruft sich nicht auf überirdische Wesen und Prophezeiungen, sondern stützt seine Hoffnung auf das gegenwärtige Wissen, allzeit bereit, neue Erkenntnisse zu berücksichtigen. Ende Längeres Zitat Wissen? Erkenntnis? Die Regression ist durch die Mathematik erklärt, insofern sie eine Identität besitzt, sie ist durch die Regression erklärt, insofern sie dem Wandel unterliegt, und sie ist durch die Präferenz erklärt, insofern sie vom Menschen beeinflußt ist. Die Präferenz ist durch die Mathematik erklärt, insofern sie eine Identität besitzt, sie ist durch die Regression erklärt, insofern sie dem Wandel unterliegt, und sie ist durch die Präferenz erklärt, insofern sie vom Menschen beeinflußt ist. Der Wandel ist durch die Mathematik erklärt, insofern er eine Identität besitzt, er ist durch die Regression erklärt, insofern er dem Wandel unterliegt, und er ist durch die Präferenz erklärt, insofern er vom Menschen beeinflußt ist. Die Präferenz ist durch die Mathematik erklärt, insofern sie eine Identität besitzt, sie ist durch die Regression erklärt, insofern sie dem Wandel unterliegt, und sie ist durch die Präferenz erklärt, insofern sie vom Menschen beeinflußt ist. Montag, der 02. Juni 2014 Anfang Längeres Zitat Das Ringen um den künftigen Präsidenten der EU-Kommission führt zu Spannungen in der großen Koalition in Berlin. Die SPD warnte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) davor, einen anderen Kandidaten auszuwählen als den Luxemburger Jean-Claude Juncker. Merkel solle sich nicht hinter dem britischen Premierminister David Cameron "verstecken", sondern "klar erklären, ob sie wirklich zu Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident steht - oder lieber das Geklüngel auf Spitzenebene fortsetzen möchte", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi der Süddeutschen Zeitung. ... Merkel und die anderen Staats- und Regierungschefs wollen sich aber nicht vom Parlament zu einer zügigen Nominierung Junckers drängen lassen. Stattdessen beauftragten sie am späten Dienstagabend den Ratspräsidenten Herman Van Rompuy, Gespräche in den EU-Hauptstädten und mit dem Parlament zu führen. Juncker sei Kandidat der Christdemokraten, räumte Merkel ein, sagte aber auch: "Die ganze Agenda kann von ihm, aber auch von vielen anderen durchgesetzt werden." Auf diese Haltung bezog sich die SPD. Generalsekretärin Fahimi warnte davor, "das Vertrauen in die europäische Idee" zu beschädigen. "Europa ist kein Verschiebebahnhof für nationalen Personalüberschuss. Und auch kein Experimentierfeld für Machtspiele." Zuvor hatte Thomas Oppermann, Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Merkel auf Spiegel Online vor "Wählertäuschung" für den Fall gewarnt, dass keiner der Spitzenkandidaten Kommissionspräsident würde. "Ausgerechnet die Konservativen tun so, als habe es weder eine Wahl gegeben, noch einen konservativen Spitzenkandidaten", sagte Oppermann. Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok stellte klar: "Der Rat muss wissen, dass das Europaparlament daran festhalten wird, den Wählerwillen durchzusetzen." ... Ende Längeres Zitat ► Aus einem "faz.net"-Interview mit Jürgen Habermas (Philosophieprofessor) mit der Überschrift "Jürgen Habermas im Gespräch / Europa wird direkt ins Herz getroffen" (30. Mai 2014): Anfang Längeres Zitat HABERMAS: ... Wenn diese Runde [der Europäische Rat] wirklich eine andere Person als einen der beiden Spitzenkandidaten vorschlagen sollte, würde sie das europäische Projekt ins Herz treffen. Denn fortan wäre keinem Bürger die Beteiligung an einer Europawahl mehr zuzumuten ... HABERMAS: ... Nach Lage der Dinge darf nur derjenige der beiden Spitzenkandidaten [vom Europäischen Rat] vorgeschlagen werden, der begründete Aussicht hat, eine Mehrheit der parlamentarischen Stimmen auf sich zu vereinigen. Sollte einer der Regierungschefs gegen dieses Demokratiegebot, das sich aus Wortlaut und Geist der Verträge ergibt, auf seinem Vetorecht bestehen, müssten ihm die übrigen Mitglieder des Europäischen Rates den Austritt seines Landes aus der Europäischen Union nahelegen. Sonst würden sie ihren eigenen Ruf als Demokraten aufs Spiel setzen und ihre politische Pflicht als Amtsinhaber einer verfassungsrechtlichen Demokratiegeboten unterworfenen Europäischen Union verletzen ... HABERMAS: ... Es ist gewiss unüblich, dass weit mehr als ein Zehntel der Abgeordneten das Parlament, in das sie gewählt worden sind, abschaffen oder in seinen Rechten beschneiden wollen. Aber diese Anomalie spiegelt nur den Umstand, dass wir uns noch mitten in einem umstrittenen Prozess der Verfassungsentwicklung befinden. Ich finde es gut, dass die Europagegner ein Forum gefunden haben, auf dem sie den politischen Eliten die Notwendigkeit vor Augen führen, die Bevölkerungen selbst endlich in den Einigungsprozess einzubeziehen. Ende Längeres Zitat ► Aus einem "faz.net"-Bericht mit der Überschrift "Machtpoker um EU-Chefposten / Merkel: Juncker soll Kommissionspräsident werden" (30. Mai 2014): Anfang Längeres Zitat Nach scharfer Kritik an ihrem anfänglichem Zögern hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) klar für den Europawahl-Sieger Jean-Claude Juncker als neuen EU-Kommissionspräsidenten ausgesprochen. Die Europäische Volkspartei (EVP) mit dem luxemburgischen Christsozialen als Spitzenkandidaten sei aus der Europawahl als stärkste Kraft hervorgegangen, sagte die CDU-Bundesvorsitzende am Freitag auf dem Katholikentag in Regensburg. „Deshalb führe ich jetzt alle Gespräche genau in diesem Geiste, dass Jean-Claude Juncker auch Präsident der Europäischen Kommission werden sollte.“ ... Bisher hatte Merkel eine ausdrückliche Festlegung auf den luxemburgischen Christsozialen vermieden. Das war beim Koalitionspartner SPD, aber auch in ihren eigenen Reihen auf massive Kritik gestoßen ... Die Kanzlerin wurde vor Wählerbetrug gewarnt, weil im Wahlkampf betont worden war, dass einer der beiden europaweiten Spitzenkandidaten - Juncker oder der Sozialdemokrat Martin Schulz - auch Kommissionspräsident werden solle. Das EU-Parlament hatte sich am Dienstag bereits mit großer Mehrheit für Juncker ausgesprochen. Die Regierungschefs aus Großbritannien, Ungarn, Schweden und den Niederlanden hatten aber Bedenken gegen eine schnelle Festlegung auf Juncker ... Ende Längeres Zitat ► Aus einem "faz.net"-Kommentar von Klaus-Dieter Frankenberger mit der Überschrift "Kommentar / Merkel hat sich festgelegt" (30. Mai 2014): Anfang Längeres Zitat Merkel weiß, dass zum Beispiel der Brite Cameron Juncker, weil „Integrationist“, nicht an der Spitze der Kommission sehen will. Einen Machtkampf mit dem Europaparlament will sie aber auch vermeiden – die EU hat ganz andere Sorgen. Das alte Parlament hat schon wissen lassen, dass die Demokratie in Europa schwersten Schaden nähme, würde sich der Europäische Rat nicht seinem Wunsch beugen. Oh Gott! Ende Längeres Zitat ► Aus einem "sueddeutsche.de"-Bericht mit der Überschrift "Europäische Kommission / Merkel will Juncker als EU-Kommissionspräsident" (30. Mai 2014): Anfang Längeres Zitat Der EU-Kommissionspräsident ist nur einer von mehreren Spitzenposten auf EU-Ebene. Dazu gehören der EU-Ratsvorsitzende, der die EU-Gipfel leitet, der EU-Außenbeauftragte und möglicherweise auch ein hauptamtlicher Chef der Euro-Finanzminister. Nächste absehbare Etappe im Postenpoker dürfte der Gipfel am 26. und 27. Juni sein. Das Parlament muss dem Kandidaten mit absoluter Mehrheit zustimmen. Das kann frühestens Mitte Juli passieren. Die Kommission ist die Brüsseler Machtzentrale, denn nur sie kann EU-Gesetze vorschlagen. Das Mandat von Behördenchef José Manuel Barroso aus Portugal läuft Ende Oktober aus. Die Konservativen wurden bei den Europawahlen am Sonntag die stärkste Kraft mit 213 Sitzen im Parlament. Die Sozialdemokraten landeten auf Platz zwei mit 191 Sitzen. Ende Längeres Zitat ► Aus einem "sueddeutsche.de"-Artikel von Stefan Kornelius mit der Überschrift "Spitzenamt nach Europawahl / Juncker als Präsident? Der Preis wäre hoch" (28. Mai 2014): Anfang Längeres Zitat Deswegen kommt der Idee des Spitzenkandidaten eine so grundsätzliche Bedeutung zu. Würden die Regierungschefs auf ihr Vorschlagsrecht verzichten und sich dem vom Parlament ausgewählten Kandidaten beugen, verzichteten sie auf ein zentrales Machtinstrument: der Auswahl des europäischen Spitzenpersonals. Am Ende geht es um die Mutter aller Grundsatzfragen: Ist dies eine EU der Nationalstaaten oder funktioniert bereits die staatenübergreifende Demokratie, die das Gewicht der Nationen schrumpfen lässt? Wer die Wahlergebnisse besonders in Frankreich und Großbritannien - nicht gerade die unwichtigsten EU-Mitglieder - und die Zahl der Europafeinde auf dem Kontinent studiert, der muss eingestehen: Die Machtfrage spaltet nicht nur die Geister, sie kann Europa zerbrechen lassen. Würde Jean-Claude Juncker also als Kommissionspräsident akzeptiert, wäre das ein gewaltiger Sieg für das integrierte, das nationenübergreifende Europa. Der Preis dafür könnte allerdings hoch sein ... Ende Längeres Zitat ► Aus einem "sueddeutsche.de"-Artikel von Stefan Kornelius mit der Überschrift "EU-Kommissionspräsident / Merkel bekennt sich zu Juncker - mit Hintertür" (30. Mai 2014): Anfang Längeres Zitat Merkel war in den vergangenen Tagen unter Druck der Koalition und des Europäischen Parlaments geraten, weil sie nach der Sitzung des Europäischen Rats auf Distanz zu den Spitzenkandidaten gegangen war und auf die Einhaltung der Europäischen Verträge gepocht hatte. Darin ist nicht vorgesehen, dass die europäischen Parteienfamilien ein Vorschlagsrecht für Personalbesetzungen ausüben. Merkel sagte am Dienstag, die (europäische) Agenda könne von Juncker, "aber auch von vielen andern durchgesetzt werden". Die Wortwahl auf dem Kirchentag [Katholikentag in Regensburg] war eingebettet in den Hinweis, dass man eine Lösung "im Konsens" mit den anderen Regierungschefs suchen müsse. In Regierungskreisen wird darauf hingewiesen, dass die EU auch weiterhin nur als "Konsensmaschine" funktioniere. Deswegen wolle die Kanzlerin vor allem Zeit gewinnen, um die umfassende Agenda der nächsten Kommission zu besprechen. Man brauche "zwei Mal eine große Koalition", hieß es. Der nächste Kommissionspräsident muss von den Staats- und Regierungschefs mit qualifizierter Mehrheit und vom Europäischen Parlament mit absoluter Mehrheit bestimmt werden. Allerdings wäre es unüblich, wenn ein Kandidat im Rat gegen den Widerstand von Regierungschefs nominiert würde. Bisher haben Großbritannien, Schweden, die Niederlande und Ungarn gegen Juncker Stellung bezogen ... Ende Längeres Zitat ► Aus einem "faz.net"-Bericht mit der Überschrift "Machtpoker um EU-Chefposten / Auch Grüne erwärmen sich für Juncker" (31. Mai 2014): Anfang Längeres Zitat Im Machtpoker um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten hat sich auch der scheidende Grünen-Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit für die Wahl der konservativen Kandidaten Jean-Claude Juncker stark gemacht. Obwohl er an Juncker „viel zu kritisieren“ habe, rate er seinen grünen Parteikollegen dazu, ihm im EU-Parlament „eine Mehrheit zu sichern“, sagte Cohn-Bendit der „Frankfurter Rundschau“. Das Parlament müsse „intelligent handeln“ und vor dem nächsten EU-Gipfel „klar sagen, dass Juncker eine Mehrheit hat“. ... Die Grünen-Europaparlamentarierin Rebecca Harms rechnet fest damit, dass Juncker trotz Zögerlichkeiten in Berlin EU-Kommissionspräsident wird. Juncker könne sich auf die Absprachen des EU-Parlaments zugunsten der europäischen Demokratie verlassen, sagte Harms im Deutschlandfunk. Harms sagte, die Wähler hätten den Europaabgeordenten den Auftrag gegeben, den Lissabon-Vertrag so umzusetzen, dass er dem Wählerwillen entspriche. „Wir werden darauf bestehen, dass sich der Europäische Rat nicht über den Wählerwillen hinwegsetzt“, sagte Harms. Die Europaparlamentarier müssten zu ihrem Wort stehen, das sie vor der Wahl gegeben hätten. Die Grünen-Politikerin sagte, sie habe den Eindruck, dass sich auch die Staats- und Regierungschefs darüber im Klaren seien, dass anderenfalls zusätzlicher Schaden für den Ruf der europäischen Institutionen entstehe. Laut Harms haben die Vorsitzenden von fünf Europaparteien am Dienstagmorgen nach der Wahl verabredet, keinem anderen Kandidaten die Stimmen zu geben als dem, der im EU-Parlament eine Mehrheit erlangt. Gemeinsam habe man Juncker den Auftrag gegeben, um Mehrheiten zu verhandeln ... Ende Längeres Zitat ► Aus einem "faz.net"-Artikel von Thomas Gutschker mit der Überschrift "Machtpoker um EU-Chefposten / Warum Merkel nicht herumbrüllt" (31. Mai 2014): Anfang Längeres Zitat ... Die Kanzlerin bemüht sich noch um Cameron. Sie wird ihn bei anderer Gelegenheit brauchen; außerdem wird eine Kampfabstimmung der Regierungschefs Europa kaum voranbringen. Fällt die Wahl am Ende auf Juncker, sollte man das nicht als neue Stufe europäischer Demokratie verklären. Bewusst haben nur deutsche Wähler einen Spitzenkandidaten gewählt, nämlich Martin Schulz. Das brachte der SPD einen Bonus. In den anderen Staaten waren die Kandidaten kaum bekannt; die Wahlbeteiligung blieb niedrig. Ende Längeres Zitat ► Aus einem "handelsblatt.com"-Bericht mit der Überschrift "Juncker-Debatte / Habermas legt Briten EU-Austritt nahe" (30. Mai 2014): Anfang Längeres Zitat Der SPD-Bundesvize Ralf Stegner und der Grünen-Europaexperte Manuel Sarrazin sprechen sich zwar auch dafür aus, dass einer der Spitzenkandidaten Juncker oder Schulz neuer Kommissions-präsident werden müsse. Eine Festlegung auf Juncker halten sie aber für falsch. Fakt sei, dass es „einem Wahlbetrug gleich käme, wenn keiner der beiden Spitzenkandidaten Juncker oder (Martin) Schulz von den Regierungschefs dem EU Parlament zur Wahl vorgeschlagen würde“, sagte Stegner im Gespräch mit Handelsblatt Online. Kanzlerin Angela Merkel dürfe sich daher nicht am britischen Premier David Cameron oder dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán orientieren, sondern es müsse gelten, was im Wahlkampf versprochen worden sei. „Allerdings hat die sozialistische Fraktion im EU Parlament alle Möglichkeiten, etwaigen dritten Kandidaten die Zustimmung zu verweigern, so dass es keiner Austritts- oder Neugründungsdrohungen à la Habermas bedarf“, fügte Stegner hinzu. Im Übrigen komme den Briten kein Vetorecht zu. „Ich vermute, dass die Kanzlerin die EU nicht sehenden Auges in eine solche Krise stürzt.“ Wie Habermas ist auch der Grünen-Politiker Sarrazin der Ansicht, dass einer der Spitzenkandidaten der Europawahl Kommissionspräsident werden müsse. „Das Europäische Parlament interpretiert den Wahlausgang eindeutig: Juncker soll es werden. Wer soll das besser wissen, als die gewählten Abgeordneten“, |
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